Ein neuer Lebens (-qualitäts-) abschnitt
Implantatgetragene feste Zähne, Teil 2
Ausgangssituation: Die Patientin hatte alle Zähne verloren, eine Vollprothese auf einem NEM-Gerüst mit Kunststoffzähnen aus Polyetherketonketon wurde geplant. Obwohl sie einer Versorgung mit einer Vollprothese auf einem implantatgetragenen gegossenen Gerüst zunächst skeptisch gegenüberstand, hatte sie durch die bereits in optimaler Kieferrelation und Bisshöhe angefertigte LZP-Prothese mit der Funktion und Phonetik einer Vollprothese Vertrauen gewonnen.
Eine sorgfältige Planung, die umfassende Aufklärung der Patienten und die Berücksichtigung aller in der Anamnese relevanten Parameter sind ebenso wichtig wie die gute Zusammenarbeit zwischen Zahntechnik, Oralchirurg und Patienten. Für die langfristige Prävention ist ein Abgewöhnen von mundgesundheitsschädigenden Habits, wie hier das Rauchen, von Bedeutung. Der Versuch der Entwöhnung war aber in diesem Fall nicht erfolgreich.
Kieferrelation in der Vollprothetik
Nach Entfernen der Gingivaformer (Abb. 11, 12) wurden individuelle Kunststoffstützen in der via LZP ermittelten Bisshöhe eingebracht und abgeformt (Abb. 13). Mittels Kontrollröntgenbild wurden unklare Beschwerden überprüft und Bezüge im Knochen ausgeschlossen (Abb. 14). Anschließend wurden die Kunststoffabschnitte in Position verschlüsselt (Abb. 15-17). Mit den aus dem LZP und der aktuellen Präzisionsabformung ermittelten Daten zur Kieferrelation, Zahnstellung und Größe der Zähne konnte das Gerüst aus NEM direkt nach Abformung in Auftrag gegeben werden (Abb. 18). Die angefertigten Abutments (Zirkonoxid) wurden auf die Implantate im Ober- und Unterkiefer geschraubt (Abb. 19, 20). Kappen aus Pekkton (Polyetherketonketon) wurden angefertigt, die nach Prüfung der Passung (Abb. 21-23) gemäß des Prinzips von Dr. Paul Weigl passiv im Mund mit dem Gerüst verklebt werden. Bei optimalem Sitz aller Komponenten wird vorsichtig auf Silikon gebissen, bis der Kleber ausgehärtet ist (Abb. 24, 25). Das Gerüst mit verklebten Pekkton-Kappen gelangt anschließend zur Anfertigung der definitiven Restauration ins Dentallabor.
Präzision im zahntechnischen Labor
Im Labor werden die anhand der Daten des LZPs hergestellten, via Reduktionstechnik im Umfang verkleinerten Zahnkränze mit dem Gerüst verbunden, im Artikulator auf die ermittelten Parameter kontrolliert (Abb. 26), angepasst und in einer Küvette eingebettet (Abb. 27, 28). Anschließend wird in Küvettentechnik helleres lichthärtendes Komposit (Ivoclar) via Spritze eingefüllt und auf die Zahnkränze gepresst (Abb. 29- 31). Anschließend werden die ästhetischen Frontzahnbereiche nochmals reduziert, um diese individuell charakterisieren zu können. Nach dem Ausbetten wurde der Zahnkranz sorgfältig ausgearbeitet (Abb. 30). Charakterisierungen der Zähne über Mamelons mit einem helleren Komposit sowie andere Akzente via Verblendkunststoffe und Farbmalereien wurden eingearbeitet (Abb. 31, 32). Spezielle Haftvermittler werden benötigt, um einen akzeptablen Verbund zu den Verblendkunststoffen zu gewährleisten. Nach Abschluss der Arbeiten ist eine hochwertige, ästhetisch ansprechende und individuell charakterisierte, herausnehmbare implantatgetragene Vollprothese entstanden (Abb. 33, 34). Die auf Hochglanz polierten NEM-Gerüstoberflächen erleichtern die Handhabung und sind einfach zu pflegen (Abb. 33-35).
Nach erfolgreicher Einprobe (Abb. 36, 37) und Erklärungen zur Mund- bzw. Prothesenhygiene wird die Patientin entlassen. Sie ist mit der Ästhetik und ihrem nun deutlich verbesserten Erscheinungsbild hochzufrieden (Abb. 38, 39). Frei mit ihrer Mimik spielen zu können, zu sprechen, zu lächeln, ohne ihre Zähne verstecken zu müssen (Abb. 42) ist für sie ein Gewinn an Lebensqualität (Abb. 41). Da die Patientin Raucherin ist, ist die herausnehmbare Prothese eine geeignete Lösung, um eine gute Mundhygiene zu ermöglichen und gesunde Gingiva mit im Knochen gesund verankerten Implantaten (Abb. 40) (Abb. 43) langfristig zu erhalten.
1 – 12 Rückblick: Chirurgie, Implantation und Einheilphase aus der Ausgabe pip 5/2020.
- Abformung nach Einheilung mit eingebrachten und fi xierten Kunststoff wällen (Bisshöhe).
- Röntgenkontrolle zwecks Abklärung unklarer Beschwerden: Alles ok!
- Kunststoffwallabschnitte mit Durchtrittsstellen an den Implan- 19 tatpositionen im Oberkiefer.
- Die durchtrennten Kunststoff wallanteile wurden verschlüsselt (UK).
- Kontrolle der Bisshöhe.
- Das fertige NEM-Gerüst.
- Abutments in situ, Oberkiefer.
- Abutments in situ, Unterkiefer.
- Aufgrund der anhaltenden Habits (Rauchen) in Kürze verfärbte Abutments.
- Vorbereitung zur Integration ins Gerüst: Pekkton-Kappen im Oberkiefer …
- … und im Unterkiefer.
- Das Gerüst wird aufgesetzt (hier im OK).
- Auflage eines Silikonbisses zur gleichmäßigen Druckausübung beim Zubeißen.
- Das Gerüst mit dem Zahnkranz im individuellen Artikulator, letzte Kontrolle.
- Aufgrund der anhand des LZP per Scan gewonnenen Daten zu Bisshöhe und Kieferrelation konnte ein Zahnkranz …
- … aus Kunststoff mit dem Gerüst verbunden und in eine Küvette eingebettet …
- … sowie nach Reduktion des Zahnkranzes mittels ‚Spritzguss‘ durch eine äußere, hellere ‚Schmelzfarbe‘ ergänzt werden.
- Situation vor Ausbettung und Ausarbeitung sowie Politur.
- Zahnkranz im Oberkiefer, im Unterkiefer wurde ebenso verfahren.
- Nochmalige Reduktion zur Einarbeitung von weiteren Schichten und individuellen Feinheiten.
- Eine glatte polierte Unterseite des Gerüsts vermindert das Risiko einer Anhaftung von makro- und mikroskopischem Belag.
- Die fertige Arbeit ist von allen Seiten betrachtet …
- … hochwertig verarbeitet und dementsprechend ästhetisch sehr ansprechend.
- Einsetzen der Prothese im Oberkiefer …
- … und im Unterkiefer.
- Nur die sorgfältige Auswahl an Materialien sowie Erfahrung in den spezifischen Ver- und Ausarbeitungstechniken …
- … führen zu einem solchen Ergebnis.
- Röntgenabschlussbild zur Kontrolle.
- Makellose Ästhetik nach der Versorgung.
- Zustand vor Beginn der neuen Versorgung.
- Eine glückliche Patientin.
Praktische Implantologie und Implantatprothetik PIP Fotostory
März 2021
Dr. Peter Randelzhofer