Zahnfüllungen verständlich erklärt: Amalgam, Komposite, Zemente. Welches Material hätten’s denn gern?
Wie sich Implantate aus Titan und Keramik sowie Brackets aus Metall, Titan, Keramik und Gold, Komposite und Zemente unterscheiden.
Für welche Füllung Sie sich bei Ihrem Zahnarztbesuch entscheiden sollen? Informieren Sie sich am besten schon im Vorfeld!
Karies – ein Befund, den keiner gern hört, wenn er beim Zahnarzt auf dem Behandlungsstuhl liegt. Aber was genau ist eigentlich Karies, und wie bzw. mit welchen Materialien lässt sich ein kariöser Zahn reparieren?
Auslöser für eine Karies-Erkrankung der Zähne sind Stoffwechselprozesse von Bakterien: Bestimmte Bakterienarten bilden in der Mundhöhle eine klebrige Substanz, die als Belag auf den Zähnen fühlbar ist und im Fachjargon Plaque heißt. Entfernen Sie diesen Zahnbelag nicht regelmäßig, vermehren sich die Bakterien rasch. Die von ihnen produzierten Säuren entmineralisieren den Zahnschmelz und machen ihn somit porös.
Wenn Speichel nicht mehr hilft
Speichel ist ein natürlicher Gegner von Karies, denn er ist reich an Mineralstoffen und härtet kontinuierlich den Zahnschmelz. Bei häufigem und reichhaltigem Verzehr zuckerhaltiger Lebensmittel allerdings kommt es zu anhaltenden Säureangriffen der Bakterien auf den Zahnschmelz – der Speichel schafft die Reparatur des entmineralisierten Zahnschmelzes nicht mehr. Die Folge: Bakterien haben leichtes Spiel, dringen in den Zahn ein und zerstören ihn von innen heraus. Das dabei entstehende Loch im Zahn wächst nicht von allein wieder zu, sondern muss vom Zahnarzt gefüllt werden.
Die Anfälligkeit für Karies unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Dies hängt mit dem von Natur aus unterschiedlichen Säuregrad (pH-Wert) des Speichels zusammen: Je niedriger der natürliche pH-Wert, desto stärker schädigen die Säureangriffe der Bakterien die Zähne.
Warum Bohrer oder Laser?
Um einen kariösen Zahn professionell füllen zu können, muss der Zahnarzt zunächst die erkrankte Zahnsubstanz entfernen. „Präparieren“ heißt das, dabei helfen der Bohrer und – vor allem bei kleineren Defekten – der Laser. Ihr Zahnarzt versucht bei jeder Präparation, so viel Zahnsubstanz wie möglich zu erhalten. Danach verschließt er den Zahn dicht und dauerhaft mit einer Füllung. In der modernen Zahnmedizin sind verschiedene Stoffe bekannt, die sich hinsichtlich Ästhetik, Belastbarkeit, Haltbarkeit, Herstellungsaufwand und Preis voneinander unterscheiden.
Zahnfüllungen – behalten Sie den Überblick
Soll die Zahnfüllung preisgünstig und langlebig sein, ist Amalgam oft die erste Wahl. Das Material eignet sich bei ausgedehnten Kariesdefekten, allerdings kommt Amalgam aus ästhetischen Gründen – die Füllung ist metall- bis silberfarben – nur für die Reparatur der Seitenzähne in Frage.
Amalgam: Solide Wahl
Amalgam ist eine Mischung verschiedener Metalle, nämlich Silber, Kupfer, Zinn und Quecksilber. In Deutschland führt das in Amalgam enthaltene Quecksilber immer wieder zu Diskussionen über die gesundheitliche Unbedenklichkeit, in der Regel vertragen Patienten das Material jedoch. Aus vorsorglichem Gesundheitsschutz findet Amalgam bei Kindern, Schwangeren sowie Patienten mit bestimmten Erkrankungen wie beispielsweise Nierenleiden keine Anwendung. Dr. Meike Knott, Zahnärztin aus Ingolstadt, resümiert: „Amalgam ist meines Erachtens nicht mehr zeitgemäß. Ich persönlich biete daher in meiner Praxis statt Amalgam eine Zementfüllung, die zahnfarben ist und kein Quecksilber enthält, als Kassenfüllung an.“
Komposit: Langlebig & vielseitig
Eine Alternative zu Amalgamfüllungen im Seitenzahnbereich sowie eine geeignete Füllung bei den sichtbaren Frontzähnen ist Komposit: Das zahnfarbene und langlebige Material besteht zu rund 20 Prozent aus Kunststoff und zu etwa 80 Prozent aus einem Salz der Kieselsäure bzw. aus feinsten Glasteilchen – damit zählt Komposit zwar zu den Kunststofffüllungen, ähnelt aber der Keramik. Dr. Knott: „Komposite Füllungen sind sowohl ästhetisch als auch lange haltbar – und daher heutzutage das Mittel der Wahl.“ Bei der Anfertigung einer Kompositfüllung sind zwei Verfahren zu unterscheiden, die einfache und die geschichtete Kompositfüllung: Bei kleinen Kariesschäden raut der Zahnarzt den Zahnschmelz lediglich an und behandelt ihn mit einem Kleber. Anschließend füllt er im so genannten Einschichtverfahren – also in einem Arbeitsschritt – das weiche Komposit in den Zahn und härtet es mit einem Speziallicht. Diese Füllung heißt „einfache Kompositfüllung“. Aufwändiger ist die geschichtete Kompositfüllung. Sie lässt sich zwar ebenfalls in nur einer Behandlungssitzung erstellen, unterscheidet sich aber von der einfachen Kompositfüllung in einem wichtigen Detail: Der Zahnarzt trägt das Komposit in mehreren einzelnen Schichten auf, die nacheinander aushärten. So minimiert sich das Risiko einer Entstehung von kleinen Spalten zwischen Zahn und Füllung; die Spalten können durch die Materialschrumpfung beim Aushärten entstehen, wie Dr. Knott bestätigt. Die Zahnärztin hebt einen weiteren Vorteil hervor: „Die Schichttechnik hält selbst hohen Druck- und Zugkräften dauerhaft stand, Patienten können von einer langen Haltbarkeit ausgehen.“
Wenn Sie besonderen Wert auf Ästhetik legen, können Sie für Ihre Front und Seitenzähne eine Kompositfüllung wählen, bei der Ihr Zahnarzt die Mehrschichttechnik mit der Mehrfarbtechnik kombiniert. Dazu legt er Komposit in einzelnen Schichten und in unterschiedlichen Farbintensitäten in den Zahn, um die Füllung bestmöglich an Ihre natürliche Zahnfarbe anzupassen. Dr. Knott: „Nach einer abschließenden Politur erhält die Füllung einen Glanz und lässt sich somit nicht mehr vom Zahn unterscheiden.“
Kompositfüllungen härten mit Hilfe eines Speziallichts (blaues Licht) aus. Dessen Wellenlänge kann die Augen schädigen – damit das nicht passiert, ist an der Lichthärtelampe ein kleiner Schutzschild angebracht, Arzt und Patient tragen entsprechende Brillen.
Glasionomerzement: Für kleine Schäden & Milchzähne
Glasionomerzement ist ein mineralischer Zement und speziell für die zahnärztliche Anwendung entwickelt. Nach seiner Aushärtung ist die Oberfläche matt und hell. Zahnärzte verwenden Glasionomerzement bei erwachsenen Patienten beispielsweise zur Versorgung geringer Kariesdefekte am Zahnhals, bei Kindern kommt er ebenfalls zum Einsatz. Sabine Bertzbach, Kinderzahnärztin aus Bremen, und ihre Kollegin Dr. Ortrun Striebel, Kinder- und Jugendzahnärztin aus Hanau, erklären: „Glasionomerzement eignet sich als provisorisches Füllungsmaterial sowie für kleine Füllungen, wenn die Milchzähne nicht mehr so lange durchhalten müssen. Außerdem findet er Verwendung bei bleibenden Backenzähnen, die sehr langsam durchbrechen und schon Probleme wie beginnende Karies oder eine Schmelzreifungsstörung zeigen.“
Kompomer: Pluspunkt gegenüber Glasionomerzement
Eine Kombination aus Glasionomerzement und Komposit ist das so genannte Kompomer. Kompomere haben ein vergleichbares Einsatzgebiet wie der Glasionomerzement, weisen aber einen entscheidenden Pluspunkt auf, wie Kinderzahnärztin Bertzbach (auch Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde) sagt: „Bei kleinen Patienten finde ich Kompomer sinnvoller als Glasionomer, weil er kaustabiler und bakteriendicht ist. Zudem hält Kompomer mögliches Zähneknirschen der Kinder besser aus: Bei korrekter Verarbeitung halten Kompomerfüllungen meist bis zum Zahnwechsel.“ Einige Füllungen sind mit Fluorid angereichert, welches sich langsam freisetzt und dem Schutz vor Karies an den Füllungsrändern dienen soll. Bertzbach: „Bei guter Zahnzwischenraumpflege und Zufuhr von Fluorid – täglich über Zahnpasta und zwei bis vier Mal im Jahr über Duraphat – sind fluoridhaltige Füllungen aber nicht unbedingt notwendig.“ Dr. Striebel ergänzt: „Die Fluoridabgabe ist nur sehr gering und auch nicht unbegrenzt.“
Was darf es kosten?
Klar, bei Ihrer Entscheidungsfindung dürfte auch der Aspekt der Kostenübernahme durch die Krankenkasse eine Rolle spielen. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen in der Regel
- im sichtbaren Frontzahnbereich die Kosten für zahnfarbene Kompositfüllungen in der Einschichttechnik; zu den Frontzähnen gehören die Schneideund Eckzähne des Ober- und Unterkiefers.
- im Seitenzahnbereich die Kosten für eine Amalgamfüllung.
- bei Patienten, die aus medizinischen Gründen keine Amalgamversorgung erhalten können, die Kosten für eine geschichtete Kompositfüllung in Seitenzähnen.
Gar nicht so einfach also, die Beantwortung der Materialfrage. Beraten Sie sich mit Ihrem Zahnarzt oder Ihrer Zahnärztin – gemeinsam finden Sie sicher die beste Lösung.
Implantate: Üblicherweise Titan
Bei Ihrem Implantologen können Sie ebenfalls aus verschiedenen Materialien wählen. Zu den beiden wichtigsten zählen Titan und Keramik, wie Dr. Peter Randelzhofer, zertifizierter Spezialist für Implantologie mit Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie und Implantatprothetik aus München erklärt: „Am häufigsten findet heutzutage Titan Verwendung, denn Implantate aus Titan haben in Langzeitstudien eine gute Verträglichkeit bewiesen und funktionieren in der Regel hervorragend.“ Zudem zeichnen sich diese Implantate durch Haltbarkeit und einen sicheren Verbund mit dem Knochen aus. Moderne Implantate sind üblicherweise gestrahlt oder geätzt, um einen besseren Knochenverbund zu gewährleisten.
„Keramik hingegen spielt eine untergeordnete Rolle und ist in der Anwendung eher die Ausnahme“, sagt Dr. Randelzhofer. Keramik finde beispielsweise bei hochallergenen Patienten Verwendung. Einen Nachteil hat die klassische Keramik laut Dr. Randelzhofer allerdings: „Sie ist nicht so stabil wie Titan, die Anfertigung zweiteiliger Implantate ist somit nur schwer möglich – daher ist man in der Bauweise ebenfalls eingeschränkt.“
Abhilfe könnten hier künftig Implantate schaffen, die das Beste aus zwei Welten verbinden: außen Keramik, innen eine Titanverbindung. Dr. Randelzhofer: „Nach bisherigen Erkenntnissen sind sie biologisch völlig verträglich, insbesondere für das Zahnfleisch. Damit ist eine bessere Integration des Zahnersatzes in das Weichgewebe möglich.“ Die hohe Widerstandsfähigkeit des Materials gegenüber Bakterien minimiert das Risiko möglicher Reizungen und Entzündungen im Mund. Zusätzlich ist die weiße Farbe in ästhetischer Hinsicht nicht nachteilig. Die Datenlage, ob sich die Oberfläche der Keramikimplantate für die Knocheneinheilung eignet, ist allerdings hinsichtlich Anzahl und Dauer noch gering.
Haltbarkeit, ein guter Verbund mit dem Knochen sowie eine bewiesene Langzeitverträglichkeit – Implantate aus Titan sind heutzutage am weitesten verbreitet und bereiten Patienten in der Regel keine Probleme.
Brackets: Edelstahl & Keramik sind beliebt
Die Zeiten, in denen Zahnspangen als „Kussbremse“ bekannt waren, sind längst vorbei. Unter Kindern und Jugendlichen genießen die Spangen teilweise sogar Kultstatus – und auch Erwachsene tragen selbstbewusst beispielsweise Multiband-Bracket-Apparaturen. Doch was ist das genau und aus welchen Materialien bestehen sie?
Brackets heißen die kleinen Teile, die der Kieferorthopäde an die Außen- oder Innenseite der Zähne klebt. Danach befestigt er an den Brackets Drähte, Federn oder Gummis, welche die notwendigen Zahnbewegungen ermöglichen.
Brackets: Edelstahl das gängigste Material
Brackets aus Metall sind klassischer Standard und bekannt für Robustheit und Langlebigkeit. Dr. Franca Stockebrand, Fachzahnärztin für Kieferorthopädie aus München: „In den letzten Jahren ist bei den kieferorthopädischen Patienten eine wachsende Sensibilität für den Einsatz bioverträglicher Werkstoffe zu beobachten. Titan und Titanlegierungen punkten hier besonders und gelten als die Werkstoffe mit der höchsten Biokompatibilität.“ Titanbrackets kommen jedoch ganz wenig zur Anwendung und sind beispielsweise nur im seltenen Fall einer Nickelallergie der Mundschleimhaut eine sehr gute Alternative zum Stahlbracket.
Fast unsichtbar: Brackets aus Keramik
Keramikbrackets erfreuen sich großer Beliebtheit, denn sie sind im Mund bzw. auf den Zähnen fast nicht erkennbar. Dr. Stockebrand verdeutlicht: „Die Brackets fallen optisch meist erst auf, wenn man nah an die Person herantritt.“ Kinder und Jugendliche, vor allem aber Erwachsene, entscheiden sich daher bei einer festen Zahnspange häufig für dieses Material. Hoch ist auch der Tragekomfort, da diese Brackets aufgrund ihrer meist abgerundeten Kanten im Mund als angenehmer empfunden werden. Zudem verfärben Brackets aus Keramik im Lauf ihres Lebens nicht, die natürliche Zahnfarbe kann durchscheinen.
Goldene Brackets
Chic: Durch ihren warmen Farbton wirken Brackets aus Gold beinahe wie Zahnschmuck, zudem löst Gold keine allergischen Reaktionen bei Metallunverträglichkeit aus. Bei der Häufigkeit ihres Einsatzes gelte es zu unterscheiden, so Dr. Stockebrand: „Ich persönlich wurde von noch keinem Patienten nach Goldbrackets gefragt, die von außen sichtbar auf den Zahn geklebt werden. Im Bereich der lingualen Kieferorthopädie – dort werden die Brackets an der Innenseite der Zähne befestigt und sind somit von außen und für jeden anderen unsichtbar – kommen goldene Brackets häufiger zur Anwendung.“
Bitte erkundigen Sie sich im Vorfeld der kieferorthopädischen Behandlung, welche Leistungen Ihre Krankenkasse übernimmt bzw. für welche Materialien Sie sich im Rahmen außervertraglicher Leistungen entscheiden können.
März 2015
Dr. Peter Randelzhofer